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Die Tsunge des Hellsten

Die Tsunge des Hellsten

Wie gesagt, es war eigentlich ein Rechtschreibfehler, dass die Schriftgelehrten des Königs seine Ratgeber zum Helden führten. Denn sie hielten ihn für den Hellsten. Sie fragten ihn um Rat, wie man der kranken Königstochter helfen könne.

Mit seiner Tsunge beschrieb der Hellste die kleine Lichtung im Wald so farbenfroh, dass sie nicht zu verfehlen war. Zur Teestunde solle sich die Königstochter dort so lange einfinden, bis sie wieder gesund sei. Gesagt, getan.

Die Sänftenträger des Königs brachten die Königstochter von da an jeden Tag zur Teestunde an diese Lichtung. Am ersten Tag fand sie es noch spannend, einmal außerhalb des Schlosses zu sein. Am zweiten Tag öffnete sie schon den Vorhang der Sänfte, am dritten Tag die Tür, am vierten Tag setzte sie einen Fuß vor die Tür, am fünften Tag verließ sie sogar kurz die Sänfte, am sechsten Tag setzte sich die Königstochter schon auf einen Baumstumpf.

Am siebten Tag brauchte der König seine Sänfte selbst wieder. Ab da kam die Königstochter zu Pferd. Als das Pferd einmal lahmte, kam sie ab diesem Tag zu Fuß.

Bald kannte sie jeden Baum an dieser Lichtung, jeden Baumstumpf, jeden Grashalm. Sie öffnete ihr Herz den Farben, Geräuschen, Gerüchen und anderen Eindrücken des Waldes.

Dann entdeckte sie, dass sie nicht allein war auf der Lichtung. Eine Fliege, eine Hummel, ein Käfer, ein Vogel, ... Immer mehr Tiere, die ihr nie aufgefallen waren, nahm sie allmählich wahr.

Da entdeckte sie eines Tages ein Reh. Am nächsten Tag blieb das Reh etwas länger, am dritten Tag ließ es sich schon nicht mehr irritieren, wenn die Königstochter sich bewegte, gar tanzte, summte, sang oder lachte. Sie war ganz fasziniert von dem Reh.

Deswegen machte sie sich auf den Weg zum Hellsten und fragte ihn, wie sie sich dem Reh gegenüber weiter verhalten solle. Dieser antwortete nur mit seiner Tsunge: Die Zuversicht ist ein scheues Reh.