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Die Tsunge der Kapellen
Lange saßen sie so zu zweit friedlich an den Quellen und lauschten. Erst als die Königstochter sich dem anderen zuwandte, erkannte sie in ihm einen Einsiedler. Er war es offensichtlich nicht gewohnt, unnötig zu reden, strahlte aber eine angenehme Ruhe aus. Selten hatte sich die Königstochter im Schweigen so verbunden gefühlt.
Als es Abend wurde, stand der Einsiedler auf und ging davon. Wie selbstverständlich folgte ihm die Königstochter auf dem Fuß und so kamen sie sehr bald zur Hütte des Einsiedlers. Dieser bot ihr frisches Quellwasser und Brot zum Abendmahl und ein Lager für die Nacht an. Selten hatte so ein einfaches Mahl so gut geschmeckt. Danach schlief sie den Schlaf der Gerechten.
Am nächsten Morgen traf sie den Einsiedler im Garten. Wieder wollte sie sein Schweigen nicht brechen, doch er empfing sie mit einem freundlichen Morgengruß. Dann führte er sie zu seiner Kapelle. Welcher Religion sie angehörte, konnte sie nicht erkennen. Aber das schien auch nicht wichtig.
Ich beachte hier das Α (Alpha) und das Ω (Omega), das אִ (Alef) und das ת (Tau). Das Α oder אִ steht für den Anfang. Gestern hast Du den Anfang gehört, symbolisiert durch die Quelle. Morgen hörst Du das Ende, das Ω oder auch ת am Bergkamm. Dazwischen aber liegt das Jetzt. Und dem widme ich mein Leben.
Die Königstochter schüttelte verwirrt den Kopf. Sie fühlte sich wie beim allerersten Unterricht beim Hofmagier. Der Einsiedler lächelte und bot ihr an, den Tag an der Kapelle zu verbringen. Es gab da einen herrlichen Ausblick bis hin zum Waldrand, zur Meeresküste und natürlich bis zum Bergkamm. Bei dem Ausblick vergaß die Königstocher alles, bis ihr der Weg durch das Königreich wieder einfiel und die morgige Aufgabe ihr Sorgen machte, so dass sie sich nicht mehr entspannen konnte.
Am Abend riet ihr der Einsiedler, den Adler fliegen zu lassen und dafür seinen Esel zur Weiterreise zu nutzen. Der Adler drehte noch einen weiten Kreis und verabschiedete sich zielstrebig von der Hütte des Einsiedlers.