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Die Tsunge der Pastellen

Die Tsunge der Pastellen

Wie sollte das gehen? Der Graue schickte die Grelle zurück zur Lichtung. Den Weg fand sie inzwischen mit verschlossenen, verquollenen Augen. Erst an der Lichtung öffnete sie die Augen. Das grelle Licht blendete sie fast und sie suchte eilends den Waldrand auf. Dort, wo sie nie zuvor gewesen war.

Während sich ihre Augen langsam an das Dunkle des Dickichts gewöhnten, sah sie ihre Lichtung wieder. Aber mit ganz anderen Augen. Sie erkannte jeden Baum, jede Pflanze, jedes Tier. Und doch hatte alles ganz andere Farben. Sie verstand nicht mehr, wie sie es so viele Jahre im grellen Sonnenlicht ausgehalten hatte.

Und während sie staunend um sich blickte, schob sich behutsam ein zartes Fell unter ihre Fingerkuppen. Sie schaute nicht hin, aus Angst, sie könnte dort nicht sehen, was sie doch fühlte. Sie schloß ihre Augen und träumte wie schon so oft, einmal das Reh berühren zu können und es zu streicheln. Als die Finger feucht wurden, träumte sie, das Reh würde behutsam an ihrer Hand lecken.

Au! Die Königstochter öffnete erschrocken ihre Augen. Das Reh hatte sie doch tatsächlich am Finger geknabbert! Und tatsächlich! Es war das Reh wie ganz am Anfang ihres Kennenlernens. Die Königstochter kannte nicht viele andere Rehe. Doch dieses eine hätte sie überall wiedererkannt.

Und auch das Reh kannte die Königstochter. Diese war wieder jung wie in den ersten Tagen. Aber sie hatte die Lichtung verlassen. Damit hatte das Reh nicht mehr gerechnet. Doch es war ein kluges Reh. Deswegen fragte es nicht, wie die Geschichte sich so entwickeln konnte. Rehe fragen eigentlich ganz selten.

Lange streichelte die Königstochter das Reh und glaubte ihren Augen nicht. Doch dann wurde es wieder Zeit, zurück zum Schloss zu gehen. Sie befürchtete, das Reh nie wieder zu sehen. Doch wenn es Zeit ist, ist es Zeit. So ging sie zurück zum Schloss.

Dort empfing sie ihr besorgter Vater. So spät bist Du noch nie heimgekommen. Ist etwas passiert? Da erzählte die Königstochter ihrem Vater in grellen Farben die Geschichte, von der sie selbst nicht mehr wusste, ob sie noch wahr war. Und dann schwärmte sie mit ihrer Tsunge in pastellenen Farben von ihrem Weg an den Waldrand.

Der König staunte über ihre Tsunge, denn so hatte er den Wald noch nie gesehen. Er fragte seine Tochter um Rat: Und jetzt?